Ministerin Giffey (SPD) sieht vor allem in den Städten die Gefahr einer Zunahme häuslicher Gewalt im Zuge der Corona-Krise.
Zum einen gelten finanzielle Notlagen in Familien, die durch die Corona-Krise noch verschärft werden, als Ursache, aber auch die Enge in vielen Wohnverhältnissen führt zu Spannungen, die sich dann auch in häus-licher Gewalt entladen.

Stadt-Land-Gefälle

Aus den Ländern kommen unterschiedliche Angaben über das jeweilige Ausmaß. Es gibt offensichtlich ein Stadt-Land-Gefälle. In ländlichen Regionen, wo es mehr Möglichkeiten gibt raus zu gehen und wo Menschen nicht so sehr auf engem Raum lebten, ist das Konfliktpotenzial nicht so hoch. Dort gibt es scheinbar noch keinen Anstieg bei den Fallzahlen. In Berlin z. B. sind die Anzeigen wegen häuslicher Gewalt jedoch um zehn Prozent gestiegen.

Um die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu verlangsamen, sind in den meisten Bundesländern seit mehreren Wochen die Schulen und Kitas geschlossen. Zudem gibt es weitreichende Ausgangsbeschränkungen. Wegen dieser besonderen Situation wird mit einer Zunahme häuslicher Gewalt gerechnet.

In sogenannten Problembezirken gibt es sogar einen Anstieg der Anrufe beim Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ um mehr als 20 Prozent. Es gibt dabei auch mehr Anrufe von Kindern, die Hilfe suchen. Dafür gibt es die deutschlandweite kostenfreie Notrufnummer 116 111.

Zunahme der Gewalt gegen Kinder

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Deutsche Kinderschutzbund warnten vor einer Zunahme unentdeckter Gewalt gegen Kinder angesichts von Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen im Rahmen der Corona - Eindämmungsmaßnahmen. Kinder besuchen derzeit auch nicht mehr die Kitas, die Schule oder die Sportvereine. Die Orte, an denen ein möglicher Missbrauch entdeckt werden könnte.

Für viele Menschen sind Misshandlungen in bestehenden oder ehemaligen Partnerschaften alltäglich. Schon allein deshalb muss man gegen die Gewalt und gegen ihre Ursachen vorgehen.

Oft werden die brutalen Taten als „Familiendrama“ oder als Privatsache verharmlost, das macht es den Opfern noch schwerer, sich zu dagegen wehren und Hilfe zu suchen. Verheerend sind auch die seelischen Folgen für die Kinder. Sie werden später oft selbst Beziehungen eingehen, in denen es gewalttätig zugeht – als Opfer oder Täter.

Etliche glaubten, häusliche Gewalt sei vornehmlich ein Problem unter Migranten. Das ist falsch. Gewalt gegen Frauen ziehe sich durch alle sozialen Gruppen.

Große Dunkelziffer

Die tatsächliche Zahl misshandelter Frauen dürfte wohl weitaus höher sein. Es ist davon auszugehen, dass nur jede fünfte Tat überhaupt angezeigt wird. Betroffene müssen ermutigt werden, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein erster Ansprechpartner sei zum Beispiel das Telefon „Gewalt gegen Frauen“. Dieses ist rund um die Uhr unter Telefon 08000 116 016 erreichbar, beraten wird dabei in 17 Sprachen und der Anruf taucht nicht im Verbindungsnachweis auf.

Wichtig ist, an den Konzepten archaischer Männlichkeit zu rütteln. Deshalb ist Aufklärung und Bildung elementar.

Frank Holzapfel, SPD - OV Friedland